Die Frau, die in der Anstalt Arabisch sprach
In der Psychiatrie roch es nach Bleichmittel und vergessenen Tagen.
Die Türen schlossen sich lautlos, und die Wände waren so weiß,
dass selbst die Gedanken darin verschwanden.
Dort saß Leyla,
eine Frau mit blauen Augen und Händen, die zu oft nach Stille griffen.
Man sagte, sie sei Türkin.
Sie selbst sagte nichts.
Nur manchmal, wenn der Abend fiel und der Wind durch das Gitterfenster zog,
sprach sie leise Arabisch –
ein Flüstern, weich wie Wasser über Stein.
Die Pfleger verstanden sie nicht.
Einer notierte in die Akte: „Spricht in fremder Sprache. Zeichen von Regression.“
Ein anderer lächelte nur: „Vielleicht betet sie.“
Aber sie betete nicht.
Sie erinnerte.
Sie erinnerte sich an ihre Großmutter in Hatay,
an Lieder, die in zwei Sprachen gesungen wurden,
an Sommer, in denen Grenzen noch Gerüchte waren.
An eine Zeit, in der niemand fragte, ob man Türkin oder Araberin sei —
nur ob man noch Brot habe.
Wenn Leyla sprach,
wurde ihr Gesicht ruhig.
Die Worte flossen über ihre Lippen,
sanft, rhythmisch,
wie eine Melodie, die man in keiner Sprache ganz übersetzen kann.
Ein junger Arzt, neu im Haus, hörte ihr eines Tages zu.
Er verstand kein Arabisch,
aber er spürte, dass ihre Worte kein Wahn waren.
Er fragte sie:
„Warum sprichst du diese Sprache hier?“
Leyla sah ihn an, lange,
und sagte nur:
„Weil sie mich noch versteht, wenn keiner mehr zuhört.“
In der Nacht sang sie weiter,
ein Lied ohne Refrain, ohne Publikum.
Ein Lied, das nicht geheilt werden wollte,
weil es nichts Krankes trug —
nur Erinnerung an Zugehörigkeit.
Und der Wind, der durch das Gitter kam,
nahm ein Stück ihrer Stimme mit hinaus,
hinaus über Mauern und Grenzen,
bis dorthin,
wo Sprache kein Stempel ist,
sondern Heimkehr.