Genetic/Narcissistic Rage

Neue Stadt — Asche am Morgen

Sie nannten sie einst Hafenlicht, jetzt heißt sie nur noch Morgenstaub.
Um drei Uhr zerbrach die Nacht — ein Riss im Himmel, ein Licht, so weiß, dass es die Farben fraß.
Fensterscheiben explodierten wie Seifenblasen, Straßen wurden von Betonstücken übersät, Sirenen schrien wie zerrissene Stimmen.
Die Menschen liefen ohne Richtung, mit Händen an den Köpfen, mit Schuhen voller Staub und Erinnerung.

Vom Markt blieb nur das Gerippte der Stände, der Duft von Gewürzen hing wie ein Geist in der Luft — und wurde dann von Ruß bedeckt.
Autos standen wie ausrangierte Käfige, Türen offen, als hätten sie kurz vorher gedacht, sie könnten noch weiterrennen.
Kinder, die am Abend zuvor noch gelacht hatten, saßen da und zählten Scherben.
Keiner feierte, keiner jubelte — nur nackte, rohe Angst, die in die Ritzen kroch.

Die ersten, die halfen, waren die, die nichts mehr zu verlieren hatten: Alte mit rauen Händen, Nachbarinnen, die nicht weinten, Feuerwehrleute mit flackernden Augen.
Man hob Menschen aus Trümmern wie Stofftiere, man zog Decken über Schultern, die zitterten, und flüsterte: „Atme. Noch ein Atemzug.“
Der Himmel war lange grau; die Sonne kam später, als sie sollte, als wäre sie selbst misstrauisch geworden.

Wenn die Politiker später sprachen, klang es wie ein Song aus Glas und Worten, es klang hohl.
Die Stadt aber — die Stadt lernte schnell, wie man schweigt und trotzdem wacht.
Aus Asche wuchsen kleine Gärten an Fensterrändern, aus Tränen wuchsen Listen mit Namen, die niemand vergessen durfte.
Und in den Nächten, wenn der Wind durch die Stille strich, murmelte ein Mann: „Wir bauen weiter. Wir werden nicht nur die Ruinen sein.“