Teil 3 – Der Atem der Erde
Ich bin die Erde von Botan.
Ich habe Blut gesehen und Wasser,
ich habe Saat getragen und Staub geschluckt.
Ich habe den Klang der Daf gehört in den Nächten,
und die Schritte derer, die gegangen sind, ohne sich umzusehen.
Zîn und Berfîn – zwei Namen,
zwei Wurzeln im selben Boden.
Sie glaubten, die Mauer zwischen ihnen sei aus Lehm,
doch sie war aus Herz.
Ich spürte ihre Wut wie Feuer in meinem Bauch,
und ihr Schweigen wie Frost auf meinen Steinen.
Der Wind brachte ihre Worte zu mir,
manchmal scharf wie Messer,
manchmal weich wie Gebete.
Und ich nahm alles auf –
den Schmerz, den Stolz, die unausgesprochenen Entschuldigungen.
Dann kam der Regen.
Er fiel in die Ritzen,
wo die Mauer geborsten war.
Er mischte ihre Erde,
meine Erde,
und die Grenze verschwand.
Ich ließ Rosen wachsen – dort,
wo einmal Misstrauen lag.
Und als Şervan kam,
um beide Gärten zu pflegen,
gab ich ihm neue Wurzeln,
damit das Leben weitergehen konnte.
Jetzt weht der Wind wieder ruhig über Botan.
Er erzählt meine Geschichte jenen,
die glauben, Rache sei Macht.
Und ich flüstere ihnen zu:
„Rache ist nur Staub.
Vergebung ist der Regen,
der ihn fortwäscht.“
Ich bin die Erde.
Ich vergesse nie,
aber ich lasse wachsen.