„Wenn ein Volk verschwindet“
Es gibt Orte,
wo der Wind keinen Namen mehr trägt.
Wo die Schritte verstummen,
weil niemand mehr weiß,
wie man sie gehen sollte.
Ein Volk stirbt nicht in einem Tag.
Es verschwindet,
wenn die letzte Sprache nicht mehr gesprochen wird,
wenn die letzte Mutter
kein Kind mehr in die Welt bringt,
das ihr gleicht.
Die Tasmanier –
ein Feuer,
ausgelöscht von kalten Händen,
bis nur noch Asche übrig blieb,
und selbst die Asche verweht ist.
Eine Genlinie,
abgeschnitten wie ein Nerv.
Die Beothuk –
ein roter Ozean,
der verstummte,
bis kein einziger Tropfen Blut
mehr sagen konnte:
„Ich war.“
Manchmal sterben Völker
nicht durch das Schwert,
sondern durch das Schweigen.
Durch Fremde,
die Häuser bauen
auf den Knochen eines ganzen Universums,
und so tun,
als sei da niemals jemand gewesen.
Doch ein Volk ist nicht nur Haut,
nicht nur Zahlen,
nicht nur Knochen im Boden.
Ein Volk ist Erinnerung,
eine Linie im Staub,
ein Echo, das sagt:
„Wir waren da.“
Und manche verschwinden –
für immer.
Aber manche,
wie die Kurden,
tragen die Berge in ihrer DNA,
und niemand kann Berge auslöschen.