Der Gaukler, der Magier und der Wolf

Ein „großer“ Magier und Gaukler hatte wieder einmal ein Dorf in seinen Bann gezogen und nachdem der Zauber abebbte, vertrieben ihn die Dorfbewohner voll Enttäuschung aus dem Ort. Seine wunderbaren Blumen, die er am Vorabend produziert hatte, stellten sich im kalten Licht der Winter Morgensonne nur als bunte Papierfetzen heraus.

Doch der Magier hatte wieder 2 Tage gut gegessen und die Dorfbewohner hatten ihn geliebt bis zum Morgengrauen, an dem Sie ihn mit Schimpf und Schande aus dem Ort vertrieben.

Trotzdem schritt der Magier mit, von stolz geschwelter Brust, auf dem Weg aus, wer war stolz darauf, sich als der größte Magier zu bezeichnen, auch wenn er selber wusste, dass er nur ein leidlicher Gaukler war. Gut genug um allen anderen einen großen Magier vorzuspielen und die meiste Zeit auch selber daran zu glauben, dass er einer sei!

Der kurze Wintertag neigte sich seinem Ende zu,und dem Gaukler wurde bang. Es war empfindlich kalt und er wollte die Nacht sicher nicht im Freien verbringen. Es wurde immer dunkler und er konnte nur noch wenige Meter weit auf dem verschneiten Pfad sehen. Da fiel das Licht der schmalen Mondsichel auf einen großen alten Baum. Er stand an einer Stelle, an welcher sich der Weg gabelte. Es war ein Baum, der schon viel gesehen hatte. Wanderer in großer Zahl, die eine Entscheidung getroffen hatten und den einen oder den anderen Weg wählten, link oder rechts. Doch der Gaukler wählte nicht, den er hasste Entscheidungen, sondern schlüpfte in eine Höhle, die sich zwischen den alten Wurzeln des Baums gebildet hatte, um zu übernachten.

Der Gaukler kletterte in den Hohlraum und stellte fest, dass diese mit altem trockenen Laub gefüllt war und es deutlich wärmer war als die kalte Nacht.

Er legte sich zu Recht und breitete seinen Mantel über sich, leise raschelte das Laub und in der eisigen Nacht, schrie ein jagendes Käuzchen.

„Schläfst Du schon“, hörte er eine leise Stimme?

Der Gaukler öffnete erschrocken die Augen. Da schwebte ein grünes Lichtwesen vor ihm, von dem er ein: „Nein Du bist noch munter“, vernahm.

Der Magier erschaudert, aber er war ein neugieriger Mensch und fragte, „Wer bist du“?
„Ich bin der Funken Leben, der in diesem alten Baum steckt“, kicherte die leuchtende Gestalt. „Und wer bist du“, antwortete die Erscheinung? 

„Ich bin ein großer Magier, der diese Welt verzaubert und die Dunkelheit vertreibt“, tönte der Gefragte.

„So und warum sitzt du dann im Dunklen“, kicherte das Wesen und fuhr fort, „Dann macht es dir nichts aus, wenn ich wieder gehe. Du wirst es ja gleich wieder hell haben“, und das Licht und verblasste langsam.

„NEIN! Bleib“, rief der Gaukler, „... ich ... ich bin kein wirklicher Zauberer, eigentlich bin ich nur ein Gaukler“!

„Ein Gaukler, wirklich“, sagte der schwebende Funke, „Einer der auf traurigen Kindergesichtern ein Lachen zaubert, der schwielige Hände vor Freude zum Klatschen bringt und der krumme Rücken gerade macht, wenn er zum Tanz auffordert“?

„Äh, ja so in der Art“, sagte der Gaukler und wurde sehr verlegen. Die Gestalt blieb in der Luft hängen und verlangte, „Sing mit ein Lied.“

„Welches Lied“, fragte der Gaukler?
„Eines aus deinem Herzen“, antwortete es.

Die Welt, die ist ein bunter Ball
in Händen Ihres Schöpfers
und wir sind nur ein Teil des Spiels
und tanzen mit dem Ball.

_Doch wenn wir nicht mehr spielen wollen,
doch liegt der Ball im Schmutz,
sehr einsam ist der Schöpfer dann
und lehrt uns dieses Lied
zum Tanzen und zum Fröhlich sein.

So tanzen wir und spielen mit
und stimmen in das Lachen ein,
das hallt in unserer Brust gar tief._

Als der Gaukler geendet hatte, sah er, dass das Licht hell und warm leuchtete. Die Lichtgestalt sagt: „Ich glaube, wir werden beide jetzt besser schlafen“.

Ohne ein weiteres Wort zog sich der Lebensfunke in das Holz des Baums zurück und ein beruhigendes warmes grünes Leuchten umspielte den Gaukler, während er einschlief.

Er erwachte von einem Knurren. Gegen das Eingangsloch des Baums durch das das kalte Licht des Wintermorgens fiel, hob sich der Schatten eines Wolfs ab.

Der Gaukler erschrak noch mehr, als ihn dieser Wolf ansprach, „Guten Morgen Mensch ich hoffe Du hast gut geschlafen und bist hellwach. Denn Du musst hell wach sein für das, was nun kommt“.

„Wirst du mich fressen“, fragte der Gaukler? Der Wolf sah ihn aus unergründlich tiefblauen Augen an, „Nein, das kann ich nicht. Du stehst unter dem Schutz des großen alten Baums, aber ich würde es tun, wenn ich könnte. Meine Gefährtin ist dem Tod nahe. Um Ihr eine Chance zu geben bräuchte sie etwas Fleisch und alleine kann ich nicht jagen. Hilf mir“, flehte der Wolf und sah in aus eisig blauen Augen an.

„Wie kann ich Dir helfen“, fragte der Gaukler?

„Ich brauche Fleisch“, sagte der Wolf ruhig.

„Soll ich dir beim Jagen helfen“, fragte der Gaukler?

„Ich hab seit Tagen die Wälder durchstreift, es gibt kein Wild im Moment“, antwortete der Wolf.
Da blickte der Gaukler lang in die Augen des Wolfes und er sah hinter Kälte und Ruhe, Verzweiflung und die Liebe, die der Wolf für seine Gefährtin empfand.

„Wie viel Fleisch brauchst Du“, fragte der Gaukler?

„Eine Arm oder ein Bein“, antwortete der Wolf ebenso ruhig.

„Gut, einen Arm“, sagte der Gaukler und er begann sich den Arm abzubinden. Dann schloss er die Augen.

Obwohl der Wolf kräftig war und vorsichtig ans Werk ging dem Gaukler den Arm abzubeißen, wurde der Magier von den unerträglichen Schmerzen ohnmächtig.

Er erwachte in der Höhle im Baum, aber wusste nicht, wie lange er hier gelegen hatte. Seine Wunde war seltsamerweise mit Blättern verklebt, die kühl und angenehm waren und er blutete nicht. Er richtet sich auf und sah sich um. Am Eingang zur Baumhöhle erblickte er zwei Wölfe. 

Der eine sagte, „Danke“, und legte einen funkelnden Stein von der Größe einer Walnuss vor den Gaukler auf den Boden. „Für Dich“, fuhr das sprechende Tier fort, „Wir werden, solange wir leben, in dieser Höhle bleiben und wenn du etwas brauchst Dir einen dieser Steine geben können und jetzt geh“!

Der Magier verließ den Baum und zog weiter.

Von dem Wert des Diamanten, denn das war der Stein, ließ sich der Gaukler einen Arm aus buntem Glas anfertigen, der von innen leuchtete und kaufte einen Wohnwagen und ein Pferd.

Wo er auch hinkam, lachten die Menschen und tanzten mit ihm und wenn er denn seine Geschichte erzählte und seinen leuchtenden bunten Arm schwang, nannten Sie ihn einen Magier des Lachens und Glücks.

Straßenräuber übrigen erzählten von einem seltsamen Gaukler, den man besser in Ruhe lies. Denn, so munkelte man unter den Räubern, dass man das böse gefährliche Knurren von Wölfen hörte, wenn man ihn auflauerte. Und wer legt sich schon mit jemanden an, der unter dem Schutz der Wölfe steht?

H.F. Gerl, 2009