Vom Leben am Meer.

Frische Wäsche.

In einem der Gärten, die ich von meinem Schreibplatz überblicke, flattert Wäsche auf der Leine. Der Anblick erinnert mich an meine Kindheit, besonders jetzt, wenn die Junisonne warm herunter strahlt.

Es erinnert mich an das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, und das rund um unseren Garten mit ebenso einer Wäscheleine nur von Wiesen und Wäldern umgeben war. Damals.

Wiesen, auf denen Kühe weideten. Wiesen, auf denen man sich bis zum Dorf hinunter rollen lassen konnte. Wiesen, die ein hölzernes Drehkreuz im Zaun hatten, von den Bauern selbstgezimmert.

Mit herrlichen Sommern, wo der eine Wonnemonat den anderen ablöste. Wie gerade jetzt.

Und dabei ist es, wenn neue Monate anbrechen

… ein an und für sich vollkommen bescheidenes und geräuschloses Anbrechen, ohne Zeichen und Feuermale, ein stilles sich einschleichen also eigentlich, das der Aufmerksamkeit, wenn sie nicht strenger Ordnung hält, leicht entgeht. Die Zeit hat in Wirklichkeit keine Einschnitte, es gibt kein Gewitter oder Donnergetöse beim Beginn eines neuen Monats.

Thomas Mann

Bei der Lektüre des #Zauberberg bin ich nun auf Seite 900 angelangt. Die tägliche Dosis von 10 Seiten ist ein guter Einstieg in den Tag. Sie gibt Stoff zum Nachdenken und manchmal verwebt sie sich ins Alltagsgeschehen.

Zeit ist ein gesellschaftliches Thema, das widersprüchlich diskutiert wird. So wurde es in dieser Woche auch vom Spiegel aufgegriffen. Zugespitzt zur Forderung einer 4 Tage Woche.

Das ist aber gar nicht der Kern des Gedankens, den unter anderem Teresa Bücker in ihrem Buch AlleZeit und bei Vorträgen wie zum Beispiel der [re:publica](6t0HEUDfe) vorträgt.

Vielmehr geht es um Zeitgerechtigkeit im Kontext Pflege, #Bildung und #Gesellschaft.

Das Thema passt zu der Frage „Was ist eigentlich Fortschritt?“, den Andreas Reckwitz, Professor für Soziologie an der Humboldt-Universität in Berlin, in der Zeit dieser Woche diskutiert.

Die Definition von Fortschritt verändert sich. Qualität statt Quantität rückt ins Bewusstsein.

Wer den halben Tag aus purer Liebe zum Wald darin spazieren geht, läuft Gefahr, als Landstreicher angesehen zu werden. Verbringt ihr aber den ganzen Tag als Spekulant, indem er diese Wälder schlägt und die Erde vor der Zeit kahl macht, dann wird er als fleißiger Unternehmer der Bürger gepriesen.

Henry David Thoreau: Walden

Nicht immer mehr, sondern bewusst weniger, um mehr #Zeit zum Nachdenken, für Kreativität und persönliches Engagement zu gewinnen.

Wie die Wäsche, die im warmen Sonnenschein an der Leine trocknet – ganz ursprünglich und im Einklang mit der #Natur.