Vom Leben am Meer.

Herbstgedanken.

Wie eine Halbinsel fügt sich das Hinterland von Travemünde zwischen der Küste und dem Hemmelsdorfer See in die Landschaft. Während ich das Fahrrad durch das Herbstlaub lenke und noch immer warme Sonnenstrahlen auf meiner Haut spüre, öffnet sich der Blick für Neues.

“Fall” heißt Herbst im Amerikanischen, das Alte fällt, damit das Neue entstehen kann. Irgendwie gleichen sich Mai und September. Alles steht in voller Blüte, die leuchtenden Bäume sehen frühlingshaft aus und die Temperaturen sind noch warm. Nur, dass der September schon ein “r” hat. In den Monaten ohne “r” darfst Du barfuß laufen, sagt eine alte Bauernregel.

Meine Wege führen mich durch Alleen, über kleine Hügel, vorbei an imposanten Bauernhöfen und Landsitzen, an Holzschränken, in denen Eier auf den Verkauf warten, an Sonnenblumenfeldern und Kürbispräsentationen.

Philosophisches.

Der Herbst lädt ein, es sich am Kaminofen gemütlich zu machen und über das Leben zu sinnieren. Ich lese ohnehin gerade viel Philosophisches, da ich im Wintersemester einen Kurs zu Sozialethik gebe und stelle fest, dass Politik und Zeitgeschehen lebensnahes Material bereitstellen.

Meine Quintessenz ist, wieder mehr Fragen zu stellen. Denn das macht doch das Philosophieren aus? Und zu überlegen: Warum denke ich über ein bestimmtes Thema nach? Was ist das Ziel? Welchem Thema möchte ich auf den Grund gehen und welche Daten, Fakten und Recherchen brauche ich dafür?

“Denker*innen brauchen wir, sonst landen wir im finsteren Mittelalter.” heißt es im Roman Middlemarch von George Eliot.

Angesichts der letzten Wahlergebnisse und dem Zerbröseln der Parteienlandschaft wird vielleicht zu wenig nachgedacht, hinterfragt, erforscht und ergründet.

Es ist allgemein wenig Zeit. Und viele Menschen haben anderes zu tun:

zum Beispiel die Sicherstellung der eigenen Existenz. Das fällt mir insbesondere bei den Studierenden auf.

Das führt zur Maslow` chen Bedürfnispryramide, müssen nicht zunächst die Grundbedürfnisse gestillt sein, bevor Zeit zum Lernen und Nachdenken und damit für Wachstum ist?

Armut muss politisch bekämpft werden, will man in einer friedlichen und gesunden Gesellschaft leben, oder?

Neuere Studien belegen sogar, dass 50% der Kinder an Bindungsstörungen leiden und damit zu Erwachsenen werden, die potentiell eher unsicher, weniger sozial kompetent und weniger engagiert sein werden.

Solche Entwicklungsrisiken korrelieren häufig mit ungesicherten Lebensverhältnissen.

gesehen, gehört, gelesen.

In der ARD Mediathek gibt es den Kinofilm “The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit” zu sehen, in dem die Entstehungsgeschichte des Buches “Mrs. Dalloway” von Virginia Woolf verfilmt ist. Mit einer großartigen Besetzung!

“Die einzige Konstante in der Natur ist die Veränderung.” schreibt Delia Owens im Roman “Der Gesang der Flusskrebse”. Den Kinofilm zeigt zur Zeit Netflix.

“22 Bahnen” steht noch bis zum 16.02.2025 als Hörspiel zur Verfügung.

Und seit ich in das Künstlerdorf #Worspwede gereist bin, lässt mich Rainer Maria Rilke nicht so recht los. Ich lese mit Vergnügen in “Herbst”:

“Schon ist mein Blick am Hügel, dem besonnten,
dem Wege, den ich kaum begann, voran.
So fasst uns das, was wir nicht fassen konnten,
voller Erscheinung, aus der Ferne an-

und wandelt uns, auch wenn wirs nicht erreichen,

in jenes, das wir, kaum es ahnend, sind;

ein Zeichen weht, erwidernd unserm Zeichen …

Wir aber spüren den Gegenwind.”