Landpartie.
Frühling im Januar!
Frühlingsgefühle, woher kommen sie nur?
Blühen tut nichts.
Ist es das Lüftchen, das etwas wärmer weht.
Vielleicht die Sonne?
Es ist jedenfalls Zeit!
Für die erste Fahrradtour.
Eine Flasche Wasser und ein paar Bücher für den Bücherschrank werden eingepackt und dann geht es, warm eingepackt, auf das Rad.
Die Straßen sind leer. Es ist Samstag. Vorne, auf der Strandpromenade, tummelt sich das Volk.
Aber das Hinterland liegt ruhig da.
Die Bäume stehen kahl in der Landschaft.
Die Felder erstrecken sich weit zum Horizont. In der Mitte haben sich grüne Teiche vom letzten Regen gebildet. Raben tummeln sich dort am Wasser. Die Möwen sind wieder vorne.
Auf dem Radweg liegen Zweige, ansonsten ist er blätter- und eisfrei.
Durch die Handschuhe dringt keine Kälte.
Bald erreiche ich einen Grenzstein. Ein klobiger Fels mit einer Bischofsmütze auf einem Turm und der Aufschrift Kreis Ostholstein.
Der Kreis verbindet die Lübecker Bucht mit der Kieler Bucht und zieht sich weitläufig hin.
Nach einer Weile lenke ich das Rad weiter ins Landesinnere. Die Ostsee im Rücken fahre ich Richtung Ostküste Amerikas.
Ostküste Amerikas???
Ja, tatsächlich eine kleine Entdeckung, die ich im letzten Sommer gemacht habe, als ich bei herrlichstem Sonnenwetter das erste Mal in Warnsdorf war.
In Warnsdorf befindet sich der ehemalige Landsitz Lindenhof, direkt am Hemmelsdorfer See. Der Landsitz und die dazugehörige Gartenanlage wurde zu Beginn des letzten Jahrhunderts von dem Deutsch-Amerikaner Arthur Donner errichtet und wird inzwischen als Schloss Warnsdorf bezeichnet.
Arthur Donner hat die Architektur der ostamerikanischen Ostseeküste nach Warnsdorf gebracht und, wenn man das Anwesen betriff, umfängt einen der großzügige Park, die klassischen amerikanischen Gartenstühle, Adirondack Chairs, strahlen dort mitten auf dem Rasen in weiß, vor dem Anwesen fühlt man sich gleich in Übersee.
Die Donners, zwei Brüder und eine Schwester, wohnten dort seit Mitte der 1920er Jahre bis zu ihrem Tod.
Mitte der zwanziger Jahre kaufte ein Ehepaar mit Kindern das Anwesen, sie stammte ebenfalls aus den USA, und lebten dort bis 1945. Unter einer Rotbuchengruppe finden sie dort ihre letzte Ruhe.
Heute ist das Anwesen eine Klinik und es war wohl nur Zufall, dass ich in Muße durch den Park schlendern konnte. Er ist eigentlich den Patientinnen vorbehalten.
Beim Anwesen führt ein Weg zu einer Badestelle, die für alle zugänglich ist.
Ich lasse Schloß Warnsdorf rechts liegen und radle in die Mitte des Dorfes. Auf dem Dorfplatz hält der Bus, hier ist die Freiwillige Feuerwehr. Und ein Bücherschrank. Im Sommer habe ich hier schon manches schöne Stück getauscht.
Heute finde ich die Schatzinsel, ein Buch in grünem Einband mit einem goldenen Segelschiff darauf.
Weiter geht die Landpartie.
An den Radwegen gibt es einladende Picknickplätze, aber dafür ist es viel zu kalt. Irgendwann entdecke ich auf der linken Seite ein eingezäuntes Stück Wiese mit schwarzen und weißen Schafen.
Im nächsten Dorf steht im Sommer ein Eierschrank, wo sich die Vorbeigehenden Eier gegen Münzgeld entnehmen können.
Die riesigen Höfe, die Alleen, die zu den Eingangstüren führen, sind imposant.
Schließlich lenke ich das Fahrrad nach Hause und schmökere bei einer heissen Tasse Tee im neuen Buch.
Frühling, ja Du kommst, heut‘ hab‘ ich Dich vernommen!

Schloss Warnsdorf im Sommer.