Liegestuhl-Apathie.
“Wie an Bord eines Schiffes verfallen wir der Liegestuhl-Apathie. Gegen den eigenen Willen, gegen alle guten Vorsätze überwältigen uns die Vorsätze der Ur-Rythmen der Küste. Der Brecher auf dem Strand, der Wind in den Pinien, der träge Flügelschlag der Reiher über den Dünen lassen uns das hektische Pulsen der Städte und Vorstädte, der Fahrpläne und Terminkalender vergessen.”
Anne Morrow Lindbergh: Muscheln in meiner Hand.

In #Zugvögel fragt Franny heute:
„ Wozu das dann also noch?“ (Warum fischen, wenn das Meer leer gefischt ist?) „Weil es das einzige ist, was wir können.“
Das macht Sinn. Oder gerade nicht.
Zum Glück gibt es hier noch ausreichend Seeschwalben bzw. Möwen. Heute stürmte das Wasser gegen die Ufer, trotzdem war es warm, das Bad angenehm und später saßen wir noch eine Weile und schauten einfach auf die See. So wie früher als wir hier einfach nur auf Urlaub waren.
Später las ich dann mal wieder in den Tagebüchern anderer Leute. Es ist tröstlich zu sehen, dass das Leben häufig, trotz aller widrigen Umstände, immer weiter geht.
Tagebücher anderer Leute, 09. September.
Bertold Brecht sinnierte an einem 09. September in München in seinem Tagebuch darüber, dass ein Mann mit nur einer Theorie verloren sei. „Er muss mehrere haben, vier, viele!“ schreibt er 1920 in München in sein Tagebuch. „ Er muss sie sich in die Taschen stopfen wie Zeitungen.“
Albert Camus notiert 1937 in Florenz: Es gibt kein anderes Leben, als das, zu dessen Einsamkeit meine Schritte am Arno entlang den Rhythmus geben. Kein anderes auch als das, das mich im Zug nach Florenz bewegte. Diese so ernsten Frauengesichter, die unvermittelt von einem Lachen mitgerissen wurden. Da war besonders eine mit langer Nase und hochmütigem Mund, die lachte.
In Pisa eine lange, auf dem Rasen der Piazza Duomo, vertrödelte Stunde. Ich trank an dem Brunnen, und das Wasser war ein bisschen zu lau, aber so fließend. Während der Fahrt nach Florenz betrachtete ich die Gesichter, ich trank lächelnd. Bin ich glücklich oder unglücklich? Die Frage ist kaum von Bedeutung. Ich lebe mit einer solchen Besessenheit.
Dinge und Menschen erwarten mich und ohne Zweifel erwarte auch ich sie. Verlange nach ihnen mit meiner ganzen Kraft und meiner Traurigkeit. Hier aber verdiene ich mein Leben mit Schweigen und Geheimnis.
(Rainer Wieland: “Stand spät auf, legte mich dann aber wieder hin.” Piper Verlag.)
Abendliches Unwetter.
Von weitem rollen die Donner wie ungehaltene Unwesen am Horizont bis sie sich explosiv am Abendhimmel entladen. Blitze flammen auf. Das Wasser schüttet auf die Erde. Laut und im Dauerton ertönt eine Skandinavienfähre vom Strand herauf.
Ich muss an die Dame mit der Badekappe denken, die sich gestern in der Ostsee über das Seegras und heute über die Wellen mokierte. Nun, gegen die Natur kommen wir nicht an. Wir dürfen sie hinnehmen, wie sie ist. Abwechslungsreich, nicht ungefährlich, aber auch bildschön.
