Dinge die entstehen
Der überwältigende Einfluss für die Entstehung des Westens ging vom Christentum aus, sagt der britische Historiker Tom Holland, der ein Buch zum Thema geschrieben hat, im FR-Gespräch mit Michael Hesse
Das ist so ein Satz (aus dem Perlentaucher), an dem ich immer länger herumkauen kann, je mehr ich drüber nachdenke. Was heißt denn „ging vom Christentum aus“? Hat das Christentum (was ist das? Wer? die „Entstehung des Westens“ (wo genau ist das? Was heißt Entstehung?) beabsichtigt? War sie dessen Plan oder Ziel? Sicher nicht.
Geht es letztlich nur um die immer gleiche Pfadabhängigkeit, in der „Dinge“ aus den „Dingen“ hervorgehen, die vor ihnen bestanden, wobei jedes Verb, sei es „hervorgehen“ oder „entstehen“ überhaupt nichts erhellt?
Sicherlich tue ich dem Herren Tom Holland, dessen Interview der Perlentaucher ja auch lediglich paraphrasierte, höchst unrecht – und auch der oben zitierte Abschnitt ist im Original viel länger –, aber solche Sätze machen mich inzwischen dann doch sehr unruhig. Sie sind ja auch endemisch: Stets wird von hoch abstrakten Dingen wie dem „Kapitalismus“ gesprochen, diese werden mich verunklarenden Verben zueinander in Beziehung gesetzt und die Weltbeschreibung ist so unbrauchbarer als je zuvor.
Ich weiß inzwischen zu schätzen, dass Niklas Luhmann jegliche Ontologie (die Rede von Dingen) aufgeben und gegen Unterscheidungen austauschen wollte. Ich müsste es nur beherzigen.