993 Dörren mit der Darre
Dörren als älteste Form der Konservierung. Das Wort “darre” stammt aus dem Althochdeutschen des 11. Jahrhunderts (ahd.: tharra) bzw. dem Mittelhochdeutschen (mhd. darre, derre) und bezeichnet ein Gestell oder einen Schuppen zum Trocknen von verschiedenen Naturprodukten. Das können Obst, Getreide oder Kräutern sein.
Das Dörren zum Haltbarmachen von Lebensmitteln ist schon seit dem Neolithikum bekannt. Mit dem Entzug von Wasser durch Wärme wird den im Dörrgut enthaltenen Mikroorganismen (Bakterien und Pilze), die für den Verderb verantwortlich sind, die Lebensgrundlage entzogen. Die durch die Wärmeentwicklung freiwerdende Feuchtigkeit wird durch den herrschenden Luftzug abtransportiert. Lebensmittel werden dadurch länger haltbar und verlieren stark an Gewicht. Zudem stellt das Dörren bei einer Temperatur zwischen 30 und 60 Grad Celsius eine der schonendsten Konservierungsmethoden dar. Wichtige Vitalstoffe bleiben erhalten.
Es gibt unterschiedlichste Gründe, Pflanzen eigenhändig trocknen zu wollen. Sei es als Hobby, aus gesundheitlichen Gründen oder aus spirituellen Gründen. Überlebensnotwendig ist das Dörren heute nicht mehr, nachdem es im Zuge der Industrialisierung weit effizientere Methoden der Konservierung entwickelt wurden. Es ist wohl mehr eine Frage des Genießens und eines wie auch immer definierten umweltbewußten “Lifestyles”. Ich selbst verwende zur Haltbarmachung und Veredelung von Früchten und Gemüsen meinen Dörrautomaten, der eine gute Entlüftung bei konstanter und regelbarer Temperatur gewährleistet. Diese Automaten werden in bestimmten deutschsprachigen Regionen auch gerne “Dörte” genannt. Insbesondere heikle Lebensmittel mit einem hohen Wassergehalt wie etwa Obst und Gemüse eignen sich für diese Dörrautomaten.
Bei Kräutern hingegen schwöre ich auf auf die gute alte Kräuterdarre, die unüberbietbar umweltfreundlich und praktisch ist. Ihr Grundprinzip ist bei Heilkundigen schon seit Jahrhunderten bekannt, so schreibt etwa der Apotheker Samuel Hahnemann 1793 – 1799 in seinem “Apothekerlexikon” zum Thema Lufttrocknung:
“Zum Trocknen im Sommer wählt man sich einen reinlichen Boden (Trockenboden), dessen eine Dachfläche Vormittags, die andere Nachmittags von der Sonne beschienen werden kann, wo folglich hinreichende Wärme vorhanden ist. An den beiden entgegengesetzten Enden bringt man eine große Fensteröfnung an, welche mit engem Dratgitter bezogen ist, wodurch zwar kein Vogel und keine Katze hereinkommen kann, dem reichlichen Luftzuge aber freier Spielraum verstattet wird. Hier werden an vier Stricken (den Zugang der Ratten und Mäuse zu verwehren) horizontal aufgehangene hölzerne Rähmen mit engmaschichtem Netzgeflechte von Bindfaden bezogen, etwa zwei Fuß breit, worauf die Kräuter locker ausgebreitet werden, dergestalt, daß wo das eine Kraut aufhört, und ein neues anfängt, immer ein vierkantiger hölzerner Stab zur Gränze zwischen beiden querüber gelegt werde, auf dem der Nahme des Krautes entweder aufgeschrieben oder aufgeklebt zu finden ist. Werden die auf diesem Netzgeflechte locker ausgebreiteten Kräuter täglich wenigstens zweimahl umgewendet, so trocknen sie weit gleicher und schneller als die in Bündeln aufgehangenen; das Trocknen in Bündeln gehört höchstens für die saftlosen Gewächse, Thymian, u.s.w.”
Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon.
Als Energiequelle benötigt die Kräuterdarre bloß die Sonnenwärme und für die Umverteilung von Feuchtigkeit und Wärme sorgt der Windzug. Bis heute gibt es sie in unterschiedlichen Varianten, so auch als Modell, das gezielt die Sonneneinstrahlung für die Erzeugung der Trocknungswärme nutzt: die sogenannten Solartrockner, die im Freien aufgestellt werden und in ihrer Effizienz bei geeignetem Sonnenschein jener der Dörrautomaten nahe kommt.
Eine Darre selbst herzustellen ist relativ einfach. Wir bauen sie aus mehreren stapelbaren Lagen, die aus Holz und Fliegengitter gefertigt sind und möglichst platzsparend konstruiert werden. Je einfacher die Konstruktion, umso funktioneller und einfacher funktioniert der Dörrvorgang. Klobige Konstruktionen, die benötigten Wohnraum belegen, sind nicht unseres. Nicht jeder besitzt ein Gartenhäuschen oder einen Schuppen samt Garten, in dem behäbige Darren – Schränke mit ausziehbaren Fächern aufgestellt werden können; oft für nur gelegentliche Dörrvorgänge. Wir wollten mit dem von uns gewählten DIY – Modell möglichst mobil sein, es also auf einem Tisch in der Wohnung, im Garten oder auf dem Balkon aufstellen können und gleichzeitig die Möglichkeit haben, sie nach Gebrauch zusammenzulegen und zu verräumen.
Das von mir gewählte Modell besteht aus drei von einander unabhängigen Ebenen, die aus Holzrahmen gebaut wurden, welche mit einem Fliegengitter bespannt sind. Ich habe für die Holzrahmen eine Fläche von 60 X 40 cm gewählt. Eine Seite des Rahmens habe ich straff mit Fliegengitter zuerst an den Ecken bespannt und dann mit einem Tacker am Holzrahmen befestigt. Damit ich die Rahmen übereinander stellen kann und so je nach Menge meiner Pflanzen die Darre erweitern kann, habe ich an den Seiten der Darren Ständer angebracht, die die einzelnen Lagen nicht nur auf Abstand halten, sondern auch mittels einem darauf befestigten Holzdübel vor dem Verrutschen bewahren. Die Holzteile habe ich mit einem umweltfreundlichen und gesundheitlich unbedenklichen Lack angestrichen, auf Metallgitter habe ich wegen allfälliger chemischer Reaktionen mit dem darauf liegenden Dörrgut verzichtet. Ich nahm einfaches Kunststoff-Fliegengitter. Weitere Lagen lassen sich bei Bedarf aufgrund des Baukastensystems leicht ergänzen.
Insbesondere für kleine Kräuter, Blüten, Beerenfrüchte oder Pilze eignen sich derartige Darren wunderbar; für das Trocknen von langstieligen Kräutern eignen sich jedoch am Besten das Binden von trockenen Büschen, die kopfüber an einen schattigen und trockenen Ort aufgehängt werden Das kann entlang von gespannten Schnüren passieren oder auf einer aus Holz gefertigten Kräuterleiste, in der die Stile der Kräuterbüschel einfach unter einem Gummizug eingeklemmt werden und so mit den Blüten nach unten hängen.