Notizen eines Fiktionauten.

005 Eine Textsorte üben: Bildbeschreibungen

Das Fediverse hat mich wieder einmal darauf aufmerksam gemacht: Bilder, die man für seine Texte ins Internet stellt, sollten auf der Ebene ihrer Metadaten beschrieben werden. Die zentrale Frage lautet: Was ist eigentlich auf dem betreffenden Bild zu sehen?

Beginnen wir also mit einer Definition aus dem Blog Techsmith:

Alternativtexte (Alt-Texte) beschreiben ein digitales Bild, sodass ein Bildschirmleseprogramm oder andere Hilfstechnologien das Bild interpretieren können und behinderte Menschen es verstehen können.

Eine nicht ganz so neue Textsorte also, die geübt werden sollte. Wir erinnern uns an die Schulzeit, wo die ungeliebten Bildbeschreibungen (engl.: image caption) unsere Konzentration und unsere Ausdrucksfähigkeit schulen sollte. Jetzt verwenden wir Bildbeschreibungen, um Bildschirmleseprogramme (engl.: screenreader) zu füttern.

Eine gute Bildbeschreibung (engl. alternative text) anzufertigen, erfordert einerseits die Etikette im Fediverse und ist andrerseits auch ein Akt der Solidarität mit den sehschwachen Personen unseres Publikums. Zudem: Barrierefreiheit ist in Europa meist gesetzlich geregelt (siehe auch die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen. Nicht zuletzt: Personen, die für gewöhnlich ein Bildschirmleseprogramm benutzen, werden unsere Postings besser lesen können.

Die dezentrale Plattform Mastodon macht es uns da besonders leicht, denn hier ist der Prozess der Bildbeschreibung in den Upload eines Bildes integriert. Nach dem Upload stellt es uns ein Bearbeitungsmenü zur Verfügung. Und wir können darüber hinaus in unserer Timeline auch noch einen Bot abonnieren, der uns daran erinnert, ob wir ein Bild beschrieben haben oder nicht (Beispiele: @OCRbot, @PleaseCaption@botsin.space).

Dennoch stellt sich die Frage, wie denn die Bildbeschreibung überhaupt auszusehen haben. Hier einige Tips:

Allgemeine Hinweise:

1. Die einfachste Regel: Empathie und “Zweiten Blick” einnehmen Versuchen wir, uns einfach in die Situation einer sehschwachen Person hineinzuversetzen: nehmen wir die Haltung des Zweiten Blicks ein. Es klingt banal: das Zielpublikum der Sehschwachen sieht das Bild nicht, das wir als Sehende vor uns haben. Abstrahieren wir deshalb von unseren subjektiven Bildeindrücken und beschreiben es so neutral wie möglich. Die Frage stellt sich: Was muss unbedingt vermittelt werden? Die Betonung liegt dabei auf dem Wort Vermittlung und nicht auf Pflichtprogramm für Gutmenschen.

2. Anwendungsbezogenheit. Nicht nur sehschwache Personen profitieren von einer präzisen Bildbeschreibung. Darüber hinaus sind zwei weitere Anwendungen zu nennen: (1) Kann ein Bild aus technischen Gründen nicht geladen werden, erscheint der Text anstelle des Bildes. (2) Suchmaschinen nutzen den Text, um dias Bild zu erfassen. Bilder zu beschreiben ist also nicht nur diversitätsgerecht, sondern hilft auch der maschinellen Lesbarkeit unserer digitalen Bilderproduktion.

3. Präzision. Ziel ist es, das Bild so präzise wie möglich zu beschreiben. Stellen Sie sich deshalb folgende Fragen: Was ist im Wesentlichen zu sehen? Wer (Person, Lebewesen, Gegenstand) ist zu sehen? Welches Ereignis ist zu sehen? Ist der Bildtyp oder die Perspektive von Relevanz? Der Text sollte nicht ausufern, sondern knapp genug sein, dass HörerInnen sofort verstehen, warum das Bild eingebunden wurde.

4. Bilduntertitel. Dieser kann genutzt werden, um über den Metatext hinausgehende Informationen anzubieten. Sie sind gewissermassen eine Zwischenstufe zwischen der Bildbeschreibung im Metatext und dem eigentlichen Text des Gesamtartikels.

5. Rein dekorative Bilder. Um zu entscheiden, ob wir eine Bildbeschreibung verfassen sollen oder nicht, müssen wir zwischen dem Informationsgehalt von Bildern unterscheiden. Menschen mit Bildschirmlesegarät sind oft froh, wenn redundante Informationen nicht ausgelesen werden. Deshalb werden reine Behübschungsbilder meist nicht beschrieben. Als Faustregel nennt Zweiter Blick die Beantwortung folgender Frage: “Welchen Text würde ich einsetzen, wenn ich das Bild nicht verwenden könnte?” Fällt Ihnen nach gründlicher Überlegung kein Text ein, dürfte es sich um ein rein dekoratives Bild handeln.

6. Sonderformen. Aber da gibt es ja noch Symbolfotos, Grafiken, Icons und interaktives Zeugs und da wirds komplizierter. Um die Textlänge nicht über Gebühr zu strapazieren, verweise ich auf den Zweiten Blick. Dort wird alles genau erklärt.

Die wichtigsten No Gos:

1. Echos vermeiden. Bildschirmleseprogramme lesen ein Bild mit dem automatischen Hinweis aus, das nun ein Bild beschrieben wird. Wenn Sie also eine Bildbeschreibung beispielsweise mit der Phrase beginnen: *Das Bild zeigt ... *, so werden die HörerInnen mindestens zweimal das Wort Bild wie ein Echo hören.

4. Rauschen vermeiden. Vermeiden sie in ihren Postings Emojis oder Abkürzungen soweit wie möglich. Diese können technisch nicht hörgerecht ausgelesen werden: die Ausgabe des Geräts beginnt zu “stottern”.

5. Abgebildete Texte. Da diese Texte vom Bildschirmleseprogramm nicht ausgelesen werden, müssen sie, insbesondere wenn sie für die Symbolik des Bildes wichtig sind, in der Bildbeschreibung genannt werden.

6. Verlinkte Bilder. Haben Sie ein Bild verlinkt, so muss der Text der Bildbeschreibung auch diesen Link enthalten.

Recherche:

  1. Zweiter Blick: Deutsch, sehr informativ, sehr ausführlich, beantwortet auch diffizilere Fragen etwa nach Icons, Grafiken etc.

  2. Tech Smith: Alternativtexte Deutsch, mittelmässig informativ, zielt auf Werbung für die App Snagit.

  3. Netzpolitik: Mit Bildbeschreibungen Barrieren überwinden: Deutsch, spannender Podcast!

#CaptionYourMedia #Mastodon #Fediverse #Inclusion