060 Schreibabenteuer – NaNoWriMo, Tag 7
Jedem das Seine und jeder ihre Gründe, warum er:sie sich auf die Reise mit nanowrimo begeben hat. Ich will hier ein wenig über meine Motivation schreiben, am 7. Tag des Wettbewerbs, nach einer Woche Abenteuer.
Teil einer Gruppe zu sein, die sich aktiv in einen Schreibprozess involviert, kann inspirierend sein, und zugegeben, das war der Grund, warum auch ich begonnen habe, an einem Schreibprojekt zu werkeln. Das ist es auch, womit nanowrimo sich selbst bewirbt: Nie mehr einsam beim Schreiben! Nun, es ist nett, sich mit seinen Buddies auszutauschen, wie es einem gerade geht: Schreibblockade hin, Alltagsstress her, Schreibdiarrhö im besten Fall. Ehrgeiz und Solidarität, Wettbewerb und Unterstützung. Nur sollte man sich nicht von derartigen Versprechen in die Irre führen lassen. Schreiben ist immer ein einsames Geschäft gewesen und wird es auch in Zukunft, trotz aller Sozialer Medien sein. Die für das Schreiben nötige Konzentration erfordert das Alleine sein und seine Einfälle, Unsicherheit und Dummheiten will man ungern mit anderen teilen. Schliesslich ist der Text ist Teil des Buches, für dessen Lektüre später einmal Menschen bezahlen sollen. Scham, Kalkül und die Einsamkeit des Denkens stehen einem Gruppenerlebnis entgegen.
Was mich persönlich beim Schreiben brennen lässt, sind die Bilder, die im Prozess entstehen, die ich geniesse, die mich weitertreiben von Szene zu Szene, von Ort zu Ort, von Person zu Person. Der Moment, wenn die Gedanken einfach auf das Papier fliessen, ohne dass ich nachdenken müsste, wie die Dinge weitergehen sollen, ist einfach überwältigend. Es scheint als würde ich eine realen Szene beobachten und diese mit einer “Schreibkamera” filmen: ohne Regie, ohne Schnitt, ohne Beleuchtung. So entstehen für mich Texte, Essays, Romane und sogar Haikus.
Das alles braucht Zeit: zwischen zwei anderen Tätigkeiten schnell 200 Wörter zu schreiben: so kann Schreibfluss nur schwer entstehen, so kommt kaum Stimmung auf, schon gar keine Hingabe. Das ist genau der Punkt, wo nanowrimo hilfreich werden kann: wenn man die vorgegebenen (oder auch selbstgesetzten) Limits ernst nimmt. Wo durch die Aufgabe, eine bestimmte Anzahl von Wörtern pro Tag, pro Woche, pro Monat erreichen zu wollen, so etwas wie Schreibstimmung entsteht, die Welten wachsen lässt. 50.000 Wörter pro Monat oder 1667 pro Tag erscheinen mir da nur als unterste Grenze, ab der solche Gedankenwelten entstehen können. Wir kennen das von Berichten vieler Schriftsteller, auch grosser Literaten, dass diese einen regelmässigen Stundenplan sich eingerichtet haben, um Berufung und Alltag von einander abzugrenzen. Und vor allem: Raum für seine Phantasie zu schaffen.
Das einfache Drauflos-Schreiben, das sich in Szenen Stürzen, ohne sich um Stil, Rechtschreibung und Stringenz besonders zu kümmern, das ist notwendig. Den Film erleben und in die Tasten fliessen lassen, eine conditio sine qua non.
Das klingt so gar nicht strukturiert, so gar nicht nach Plotting, so gar nicht nach Timeline und Rechercharbeit. Das klingt nach den Schwingen blühender Phantasie, die die Gefilde des Schreibens durchmisst. Das positioniert sich auch gegen die angepriesenen Methoden der vielen Schreibsoftwares und Coaches, die uns Autor:innen zu einem strukturierten und geplanten Schreibvorgang verhelfen sollen. Na und?
Die Ernüchterung folgt ohnehin auf dem Fuss: wenn man nach einem solchen Flow, der einem zu zehntausend zwanzigtausend Wörter an Material verholfen hat, den Schnitt machen muss und die ernüchternde Arbeit des Kürzens, Verbesserns, Arrangierens und Strukturierens bevorsteht. Aber Material sollte man dafür schon haben und das Vergnügen am Schreiben auch.