047 Fiktionaut sein
Ein erster Versuch zum Begriff.
Die Bezeichnung “Fiktionaut” entstand, als mich die Bedeutung des Begriffs “Psychonauten” beschäftigte. E. Jünger bezeichnete damit jene Menschen, die sich (unter Drogeneinfluss) zu ihrer Reise in ihre “inneren Welten” aufgemacht hatten. Auf welche Reise begibt man sich nun als Schreibender, Autor, Schriftsteller? Welche Zonen müssen durchquert werden, welche weisse Landkarten gefüllt, welches Handwerk erlernt, um zufriedenstellend reisen zu können? Reist man dabei alleine oder besser mit Gefährten?
Wohin also reist man? In die inneren Schreibwelten, zu den schlummernden Themen, den entdeckten und noch unentdeckten Gestaden der Texte! Was von den inneren Regungen dringt ins Aussen vor, entäussert sich in einem Text? Welche Suchbewegung wird beim Schreiben verfolgt, beim Entdecken seiner versteckten Strukturen, seiner zufälligen Knoten und der vielen fruchtbaren Verzweigungen? So viel gibt es zu entdecken!
Anders als Autor, Essayist, Buchkritiker oder Lektor benötigt der Fiktionaut nur sich selbst und sein Denken, seinen Schreibimpuls. Er schielt nicht nach der Verwertbarkeit seines Schaffens: er ist allein sich selbst und seinem (Nicht-) Können verantwortlich. Das Publikum bleibt aussen vor. Es mag beobachten und urteilen, doch bestimmt den Kurs der Reise niemals.
Die Fiktionauten sind also als AbenteurerInnen, die den unermesslichen literarischen Vorstellungsraum durchmessen auf der Suche nach Geschichten, ihren Bedeutungen und Überlappungen. Ähnlich den Psychonauten, die auf ihrer Suche der Droge verfallen, verblendet sie das Atmen der Texte in der Unendlichkeit der Reise.