Verarbeitungstexte über Trauma, Trauer und die Entdeckung vom Eigenen.

Grenzenlos

Ich stehe in der Mitte.
Jeder kann sich an mir bedienen.
Bis es mich nicht mehr gibt.
Bis ich leer bin.

Ich bin schutzlos.
Ausgeliefert.
Ohne Körpergrenzen.
Man kann ungehindert
in mich eindringen.
Und sich alles nehmen,
was man braucht.

Liebe.
Kraft.
Fürsorge.

Zuhören.
Ausgleichen.
Vermitteln.

Verstehen.
Helfen.
Leben.

Alles.

Ich weiss nicht,
dass ich Körpergrenzen habe.
Ich bin blind dafür.

Alles dringt ungehindert
in mein Inneres ein.
Alle Pfeile.

Die roten.
Die orangen.
Die olivgrünen.

Und die schwarzen.

Ihre zerstörerische Kraft
macht mich kaputt.
Langsam, aber unaufhaltbar.
Sie hat viele Jahre Zeit.
Und sie vollendet ihr Werk.

Bis meine Nerven kaputt sind.
Und zerreissen.

Ich bekomme Panikattacken.
Ich habe Ohrgeräusche.
Da ist ein Brennen im Brustkorb,
das nicht mehr weggeht.

Ich bin verspannt.
Und bekomme davon
Kopfschmerzen.
Und wenn es schlimm wird,
Übelkeit.

Ich kann nicht mehr schlafen.
Die Gedanken kreisen unablässig.
In der Nacht
spielt mein Kreislauf verrückt
und ich falle fast in Ohnmacht.
Wieder und wieder.

Meine linke Gesichtshälfte
fühlt sich taub an.

Ich habe Angst.

Ich weine.
Ich schreie.
Ich falle auf den Boden
und habe keine Kraft mehr
aufzustehen.

Ich habe keine Kraft mehr
für das Leben.
Der Tod scheint
ein verlockender Ruheort zu sein.

Ich kann nicht mehr.

Und doch gibst du mir Lebenswillen.
Genug, um durchzuhalten.
Lieber Himmel-Papa.

Bis du mir Hilfe schickst.
Nach über zehn Jahren.

Bis jemand sich meiner annimmt.
Ein lieber Papa.
Ein Therapeuten-Papa.

Er zeigt mir,
dass ich geliebt bin.
Und wertvoll.
Und dass ich Körpergrenzen habe.

Etwas Eigenes,
das liebenswert ist.
Und schützenswert.

Jetzt lerne ich,
das Eigene zu schützen.

Ganz langsam,
aber unaufhaltbar.

Jetzt lebe ich wieder.

#Therapie