Gedanken zur digitalen Selbstbestimmung

Apps, die uns ausspionieren und wir, die dies tolerieren

Smartphone auf Sendung, sogar ohne unsere Einwilligung, © Frank-Thorsten Moll, 2022

Jüngst fasste Fabian Peters in einem lesenswerten Text auf basicthinking.de die Machenschaften der übergroßen Mehrheit aller App-Anbieter zusammen. Im Grunde sagt seine Überschrift schon alles: „Ein Großteil aller Apps verstößt gegen die DSGVO“. Seine These leitet er aus einer Analyse des Softwareunternehmens Usercentrics ab, die herausfand, dass 90 Prozent von 250 untersuchten Apps Daten ohne direkte Nutzereinwilligung sammelt und verwertet – sei es zu eigenen Zwecken und/oder um sie an Datensammler zu verkaufen. Dies ist bei weitem nicht die erste unabhängige Studie, die zu diesem Ergebnis kommt und dennoch scheint sich niemand darüber zu empören oder gar konkrete Aktionen folgen zu lassen. Eine Löschung solcher Apps auf dem eigenen Smartphone oder PC wäre doch immerhin im Bereich der nachvollziehbaren Reaktionsmuster. Warum dies so ist? Wahrscheinlich, weil der Diebstahl selbst nicht nur im unsichtbaren stattfindet, sondern auch lange nachher unbemerkt bleibt. Einen direkten Schaden wollen die meisten User:innen nicht feststellen und so nimmt man diesen Diebstahl allenfalls als schlitzohrigen Kavaliersdelikt einfach hin. Dass der Begriff Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union für viele Bürger:innen synonym mit „Obrigkeitsstaat“, „Gängelei aus Brüssel“ und „Überregulierung“ verstanden wird, spielt den Tech-Giganten zudem sehr in die Karten, denn so können sie einfach weitermachen. Niedrige Strafsummen und eine Grundhaltung, die besagt, dass diejenigen, die sich an die Regeln halten, auf den umkämpften Märkten keine Chance haben und Gewinnertypen (speziell die aus dem Silicon Valley) es mit den Gesetzen eh nicht so genau nehmen dürfen, schafften in den letzten Jahren eine Atmosphäre, die an Raubrittertum und Freibeuterei erinnern. Die Dummen sind die, die daran Anstoß nehmen, denn der Schaden kann schon nicht so wild sein.

Doch worüber reden wir hier eigentlich? Wenn unsere Bewegungsprofile von z. B. Google-Maps getrackt werden, selbst, wenn wir die App nicht benutzen, entstehen extrem genaue Bewegungsprofile, die sehr viel mehr über uns aussagen, als dass wir sonntags gerne mal 6 Kilometer joggen. Rückschlüsse über unser (Fehl-)Verhalten wandern in riesige Datensammlungen, die uns schon längst als gläserne Kund:innen in ihrer Kartei führen. Was dies in Diktaturen und Quasi-Diktaturen bedeutet, ist eine Frage, deren Beantwortung wenig Fantasie bedarf. Der Schritt zur Totalüberwachung ist ein kurzer und die Warnung davor keine Paranoia, wie einzelne Fälle aus den USA und Europa zeigen.

Die Nutzung eines VPN-Dienstes, wie z.B. Mullvad, NordVPN oder Surfshark kann helfen, die Vermeidung von Google-Produkten noch viel mehr. Daher ist das Entgoogeln der eigenen digitalen Infrastruktur, der erste Schritt in eine selbstbestimmte digitale Zukunft.

Frank-Thorsten Moll, 2024

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