#5 Not this time

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Und Urlaubszeit ist Reisezeit. Und wer eine Reise tut, kann etwas erzählen. Meine Lieblingsurlaubsanekdote hat sich vor einigen Jahren in einer österreichischen Airline bei einem Überseeflug Richtung Kanada zugetragen. Neben mir ein älteres Ehepaar am Fenster, der Vorteil am Randsitz ist ja immer die zusätzliche Beinfreiheit seitlich. Dafür fehlt der geniale Ausblick aus dem Fenster, kein Licht ohne Schatten. Die Verköstigung im Flugzeug mag zwar nicht immer die beste sein, aber es sind erfreuliche Momente während des Flugs. Auf jeden Fall hat das Paar neben Hunger auch Durst bekommen und will das dem Steward (Flugbegleiter) mitteilen. In gebrochenem bemühten Deutsch ist deren Wasser-Wunsch nach mehreren Bestellversuchen, ich behaupte, abschätzbar. Was hätten sie sonst von ihm gewollt? Der Steward blickt sie aber immer noch mit Unverständnis an und sagt zu mir: “I vasteh ka Wurt..” Übersetzt: ”Ich verstehe kein Wort..” Soviel zur Motivation, Freundlichkeit und Logik in unserem Land, aber ich finde den Typen bis heute sehr lustig. Letztendlich glaube ich, dass es sich bei diesen internationalen Umfragen mit dem Ergebnis `Unfreundlichstes Land der Welt = Österreich´ um einen Irrtum handelt. Ein Schmäh ist schwer zu übersetzen. Alle Statistiken sprechen dagegen. Es kann aber sein, dass in anderen Städten und Ländern dieser Welt einfach freundlicher, ich sag mal, betrogen wird. Aber das ist eine andere Geschichte: Was ich sonst bei den österreichischen Badeseen im Hochsommer finde, habe ich dieses Jahr in Schottland gesucht. Die Reise hat Erfrischung & Abkühlung von der Sommerhitze in der Stadt gebracht. Bei 10 – 20 Grad in Schottland gegenüber 35 -45 im Süden Europas, hat mein Urlaubsradar diesmal erstmals in Richtung Norden gezeigt. Ich weiß, ein schmaler Grat. Ein magisches Konzert der Gruppe Pulp, mit deren einmaligem Sänger Jarvis Cocker, in Glasgow ist dann ein perfekter Start in den Urlaub mit den besten Freunden. Wunderschön die Zugfahrten in den saftig grünen Highlands und der mehr oder weniger unfreiwillige Stopp beim See Loch Ness, einer Art schottischem Braunschlag, genau. Das “Loch Ness Monster” ist mir seit Schulzeiten ein Begriff. Die erste Erwähnung einer Sichtung überhaupt geht auf das Jahr 1933 zurück. Ein Schwarz-Weiß-Bild mit kleinem Kopf auf einem schlangenähnlichen, langen Hals gilt als der ultimative Beweis für dessen Existenz. “Nessie” heißt das Monster liebevoll auch für Kinder & Erwachsene, klingt doch gleich viel netter. Die Karikatur sieht so lieb aus wie ein Babydinosaurier, es gibt auch Plüschtiere und Postkarten. Bei einem Ausflug geht uns der Reisebus leider ein und wir kommen beim berüchtigten, zweitgrößten See Schottlands zu stehen. Unser Fahrer im Schottenrock telefoniert während der außertourlich eingelegten WC-Pause durchgehend. Beim Weg zurück Richtung Bus blickt er uns wie ein Emergency Room – Doktor an und schüttelt mit traurigem Blick kurz den Kopf. Wir wissen gleich, unser Bus hat es nicht geschafft.. Was uns der gute Mann im Kilt aber erzählt, ist, dass es vor einigen Wochen wieder eine Nessie-Sichtung gegeben hat. Kein Zufall auch, dass in diesen Tagen die größtangelegteste Suchaktion nach dem See-Ungeheuer seit Jahrzehnten stattfindet. Es sollen Drohnen über das Wasser fliegen und mit Infrarotkameras Wärmebilder erstellen, unter der Oberfläche kommt ein Hydrophon zum Einsatz, ein Unterwassermikrofon, das akustische Signale aufzeichnet. Bis heute besuchen Millionen Touristen den 36 Kilometer langen, 1.5 Kilometer breiten und bis zu 230 Meter tiefen See. Dieses bekannte Foto von Nessie, das aussieht als würde ein Brontosaurus im Loch Ness schwimmen, wurde erst nach 60 Jahren als Fake entlarvt. In Wahrheit handelt es sich um ein Spielzeug U-Boot mit einem modellierten Hals, das ein Journalist von seinem Sohn anfertigen hat lassen. Aber Menschen lieben Geschichten & das Drama, keine Frage. Das Monster als Projektionsfläche für die eigenen Ängste, und es taucht immer wieder auf. Einmal sollen es Riesen-Aale, dann Welse oder doch das “Loch Ness Monster” gewesen sein. Der örtliche Tourismusverband Loch Ness Centre sowie das Forschungszentrum Loch Ness Exploration sind die Auftraggeber dieser großen PR-Suchaktion. Der Tourismus und viele Arbeitsplätze hängen am Mysterium Nessie und das “Monster” wird einem gleich viel sympathischer. “I want to believe” ist auch auf Fox Mulders UFO-Plakat in der Serie “Akte X” zu lesen. Es ist wie die Suche nach sich selbst, man wird sich nicht immer gleich finden. Aber irgendwann schon, die Hoffnung lebt und Nessie auch. Der Mythos bleibt und die Suche geht weiter.